Mähroboter : Nachtaktive Tiere in Gefahr

Autor: Südkurier, Holger Kleinstück – Südkurier Artikel
Begleittext : Freie Wähler, Thomas Grützmacher

Eine kurze Anfrage von Helmut Halbhuber, Freie Wähler, im Gemeinderat brachten eine Sache ins Rollen, die sonst eher bei Nacht und Dunkelheit passiert und daher wenig offensichtlich ist. Die Frage unseres Gemeinderates Helmut Halbhuber war : Wieso dürfen Mähroboter in der Ruhezeiten, insbesondere aber bei Dunkelheit betrieben werden. Besonders nachtaktive Kleintiere kommen immer wieder unters „Messer“, werden verletzt oder getötet. Muss das sein?

Der Südkurier, Autor ist Holger Kleinstück, hat dies zum Anlass für einen ganzseitigen Artikel genommen, der am 7.6.2021 im Südkurier erschien. Dankenswerter Weise hat der Südkurier uns die Freigabe zur weitere Veröffentlichung des Artikels gegeben, so dass wir ihn hier gerne bringen.
– Thomas Grützmacher –

Mähroboter: Gefahr nicht nur für Igel

V ON HO LG ER KL E I NS T Ü C K
ueberlingen.redaktion@suedkurier.de

Die Tierschützer kennen viel zu viele Beispiele für getötete oder verstümmelte Igel und andere Tiere, denen  Mähroboter vor allem nachts zum Verhängnis wurden. Doch darf man nachts überhaupt mähen lassen? Die Regeln
sind widersprüchlich

Uhldingen-Mühlhofen/Region
– Wie von Geisterhand gesteuert und leise ruckeln sie über den Rasen. Und das auf immer mehr privaten und öffentlichen Grundstücken: Mähroboter, mit denen sich die Rasenpflege fast von selbst erledigt. Weil sie mulchen, fällt bei ihnen kein abzuräumendes Schnittgut an, sie düngen damit den Boden, beugen Moos und Verfilzung vor, verspricht die Werbung.
Zur Freude der Nachbarn seien sie sogar geräuscharm und ohne Abgase. Zudem gelten sie als umweltfreundlicher als alle anderen betriebenen Rasenmäher. Doch: Was für den Menschen bequem ist, bringt für Flora und Fauna Probleme mit sich: Denn wer die modernen Mäher ständig laufen lässt, verhindert blühende Gräser und Kräuter. Damit entfällt eine wichtige Nektarquelle für Insekten. Die Artenvielfalt in Flora und Fauna wird unterdrückt, ein Robotergarten ist steril.
Für Kleintiere kann der Mähroboter sogar zur Todesfalle werden, insbesondere wenn die Mäher nachts laufen. So insbesondere für die nachtaktiven Igel. „Sie fallen den scharfen Klingen vermehrt zum Opfer, denn sie sind keine Fluchttiere, sondern rollen sich bei Gefahr ein“, sagt Indra von Gersdorff vom Tierheim und Tierschutzverein Überlingen und Umgebung.

Eine Gefahr auch für Eidechsen, Kröten oder Blindschleichen
„Wenn Igel sich dann Schnittverletzungen zuziehen, schleppen sie sich manchmal noch mühsam ins Gebüsch und sterben dort qualvoll!“ Aber auch Schlangen, Blindschleichen, Kröten und Eidechsen könnten von den Geräten  zerfetzt werden, beschreibt von Gersdorff. „Viele Gartenbesitzer unterschätzen die Gefahr oder glauben, dass die Sensoren der automatischen Mähhilfen auf Hindernisse reagieren beziehungsweise die Klingen zu tief liegen, um den Tieren  Verletzungen zuzufügen.“ Laut von Gersdorff gibt es leider nur ganz wenige Modelle, die „tiergerecht“ ihre Arbeit  verrichteten. Obwohl die Rasenroboter mit Sensoren arbeiten, seien offenbar viele Modelle nicht in der Lage, eine  Rasenkante etwa von einem Igel zu unterscheiden, schreibt dazu die Deutsche Wildtier Stiftung in Hamburg. „Wenn Gartenbesitzer Mähroboter unbedingt einsetzen möchten, könnte man die Mähzeit tagsüber wählen und  unter Aufsicht“, rät die Überlinger Tierheimleiterin.

Stiftung Warentest: Geräte nicht auf spielende Kinder eingestellt
Den Rat, die Geräte wenigstens nur tagsüber und unter Aufsicht laufen zu lassen, gibt neben der Deutschen Wildtier  Stiftung auch die Jägerstiftung „Natur und Mensch“ in Havixbeck in Nordrhein-Westfalen. Das Kundenmagazin „Wohnglück“ weist sogar darauf hin, dass es auch zu Unfällen mit Kindern kommen könne: Dann nämlich, wenn
die Rasenroboter wider Erwarten nicht bremsen sollten – und Kind, Hund oder Katze über den Fuß fahren. So habe ein
Test der „Stiftung Warentest“ ergeben, dass nicht ein einziges Modell unter elf Mährobotern genügend auf spielende
Kinder eingestellt gewesen sei. Doch dürfen die autonom fahrenden Rasenmäher eigentlich nachts benutzt werden? Wie es damit im Bodenseekreis aussieht, wollte Helmut Halbhuber jüngst während einer Gemeinderatssitzung in Uhldingen-Mühlhofen wissen. Der Gemeinderat der Freien Wähler hatte gelesen, dass das Landratsamt verboten habe, die elektrischen Klingenroboter des Nachts laufen zu lassen, um Kleintiere und Igel zu schützen. Dieses Verbot werde aber missachtet, stellte Halbhuber fest. Auf Halbhubers Frage, ob die Gemeindesatzung entsprechend geändert werden müsse, antwortete Bürgermeister Dominik Männle, er wolle der Sache nachgehen. Er halte das Verbot aber auf jeden Fall für sinnvoll, denn viele Tiere seien ja nachtaktiv. 

Landratsamt: Mähroboter werden nicht als Rasenmäher klassifiziert
Das Landratsamt nahm auf SÜDKURIER-Nachfrage zum Nachtbetrieb mit Mährobotern insbesondere Stellung zum Lärm. Dieser könne auf einem Grundstück grundsätzlich von Bundesgesetzen, Satzungen einer Gemeinde oder mittels Vereinbarungen aus einem Mietvertrag oder Hausordnung geregelt werden. Mähroboter seien nicht als Rasenmäher klassifiziert. Denn es handle sich bei ihnen nicht um ein „von handgeführtes oder anders sitzend geführtes Gerät“. Die Mähroboter fielen demnach nicht unter die Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionschutzgesetzes, die die Betriebszeiten von herkömmlichen Rasenmähern an Sonn- und Feiertagen sowie an Werktagen von 20 Uhr bis 7 Uhr morgens verbiete. Da Mähroboter selbstfahrend und damit nicht wirklich geführt sind, gelte die Verordnung für diese Geräte nicht. Sprich: Theoretisch dürfte man die Mähroboter auch abends und nachts betreiben. Das Landratsamt weist aber zudem auf die ebenfalls bundesweite „Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ (TA Lärm) hin, einer „allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen  Umwelteinwirkungen durch Geräusche“: Hier werden konkret bestimmte Immissionsrichtwerte angegeben, die nicht überschritten werden dürften. Beispielsweise nachts in einem allgemeinen Wohngebiet 40 Dezibel (Mischgebiet 45 Dezibel, reines Wohngebiet 35 Dezibel). Rasenmähroboter wiederum liegen bei etwa 60 Dezibel Lautstärke.

Noch gibt es in Uhldingen-Mühlhofen keine Satzung zu Mährobotern
Eine Polizeiverordnung wie etwa in Friedrichshafen gibt es in der Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen – noch – nicht. In der entsprechenden Satzung, der Polizeiverordnung von 2004, ist aufgeführt, dass Haus- und Gartenarbeiten, die zu erheblichen Belästigungen anderer führen können, werktags in der Zeit von 19 bis7Uhr und von 13 bis 15 Uhr nicht ausgeführt werden dürfen. In Bezug auf den Schutz gegen Lärm ist jedenfalls derjenige auf der sicheren Seite, wer die Rasenmähroboter nachts auslässt, denn die wenigsten sind leiser als 60 Dezibel – wenn auch bedeutend leiser als Elektrorasenmäher (80 Dezibel) und Benzinmäher (90 Dezibel).

Friedrichshafen verbietet den Nachtbetrieb
Von einer kommunalen Regelung zu Mäh￾robotern macht beispielsweise die Stadt Friedrichshafen Gebrauch. Wie in einer Mitteilung vom 23. April nachzulesen ist, darf der Roboter dort nachts nicht fahren. „Den Betrieb von  Rasenmähern regelt in Friedrichshafen die Polizeiverordnung, die festlegt, dass der Betrieb von Rasenmähern und anderen motorbetriebenen Gartengeräten an Sonn- und Feiertagen ganztägig sowie an Werktagen in der Zeit
von 20 Uhr bis 7Uhr nicht erlaubt ist“, heißt es. Und Mähroboter fielen als Rasenmäher unter diese Vorgabe. Als Rasenmäher gälten für ihn die gleichen Zeiten, wie für andere Rasenmäher und -trimmer auch: Zwischen 20 Uhr abends und 7 Uhr morgens müssten diese Geräte ausbleiben. „Auch wenn die Regelung in erster Linie dem Lärmschutz gilt, ist sie zudem ein Beitrag zum Schutz der Igel: Wer die possierlichen Tiere und andere nachtaktiven Tiere schützen will, hält sich einfach an die Regel und lässt den Roboter nachts aus“, schreibt die Stadt.

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